Eine Langzeitreise als Familie war schon lange unser Traum. Hals über Kopf aus dem Hamsterrad ins Leben. Insgeheim hatten wir uns immer darauf gefreut, kurz vor der Einschulung unseres Sohnes nochmal eine Langzeitreise als Familie anzutreten. Bevor der Ernst des Lebens losgeht und man gefangen ist zwischen Schulferien und Verpflichtungen.
Was stand unserer Langzeitreise im Weg?
Wir haben vor drei Jahren ein Haus gebaut, ein Reiheneckhaus mit furchtbar kleinem Garten. Wir fuhren ein schickes kleines Auto, haben gut bezahlte Jobs und ein gesundes Kind. Doch nach und nach haben wir gemerkt, dass das nicht die Art von Leben ist, die uns dauerhaft glücklich macht.
Unser Sohn ging mit fast 2 Jahren in eine Großtagespflege, also eine kleine Kita mit gutem Betreuungsschlüssel. Das hat für uns super gepasst. Ihm taten die anderen Kinder unglaublich gut und wir kamen so endlich in einen Rhythmus. Parallel dazu ging ich wieder arbeiten und stellte mir nach und nach immer mehr die Frage nach dem Sinn des Lebens.
Nach und nach kamen Zweifel auf
Ich hörte meine Gedanken kreisen:Ich gebe mein Kind ab, um einer Beschäftigung nachzugehen, die, um ehrlich zu sein, völlig im Gegensatz zu dem steht, wofür ich mich privat einsetze. Macht das Sinn?
Nach einem kleinen, aber gravierenden Vorfall, haben wir uns Hals über Kopf entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Einen Weg, der besser zu uns und unseren Einstellungen passt, einen, der alles in Frage stellt, was „normal“ ist. Keine acht Monate später ging es dann los, unsere Langzeitreise als Familie begann.
Unsere Langzeitreise als Familie im Wohnmobil begann
Warum reisen wir im Wohnmobil?
Kurz nach der Entscheidung, dass wir als Familie eine Langzeitreise machen, kam die Frage nach dem Wohin und dem Wie. Mein Mann wollte gerne wieder nach Asien und nach Neuseeland.
Ohne Kind hätte ich sofort zugestimmt und wir würden heute vermutlich auf einer indonesischen Insel sitzen. Mit Kind hat man andere Prioritäten. Unser Sohn hat gerne feste Strukturen, er hat gerne einen festen Tagesablauf. Er kann nicht gut mit immer wieder verändernden Situationen umgehen. Mir war es wichtig, bei all den Veränderungen eine gewisse Beständigkeit für ihn zu erhalten.
Aus diesem Grund haben wir uns für eine Langzeitreise als Familie mit dem Wohnmobil entschieden. Wir haben unser mobiles Zuhause immer dabei, unser Sohn schläft jeden Abend in seinem Bett in seinem rollenden Kinderzimmer. Bei den vielen Eindrücken, hilft es unserem Sohn sehr immer das gewohnte Umfeld dabei zu haben.
Wir haben viel Rücksicht auf die Bedürfnisse unseres Sohnes genommen
Er hat im hinteren Teil unseres Wohnmobils ein richtiges Kinderzimmer. Ein Teil seiner Spielsachen ist dabei und auch ein paar kleine Details. Dinge, die schon in seinem alten Kinderzimmer am Fenster oder an der Wand hingen. Zum Reisestart war unser Sohn gerade 3 Jahre alt geworden. Wir haben von Anfang an sehr viel mit ihm über unsere Reise gesprochen.
Uns war es sehr wichtig, dass er versteht, was passiert und dass wir diesen Weg gemeinsam gehen. Der Entschluss diese Langzeitreise als Familie zu starten hatte also erstmal rein gar nichts mit bedürfnisorientierter Erziehung zu tun. Um ehrlich zu sein, habe ich mich bis dahin nicht mal mit der Art meines Erziehungsstils auseinandergesetzt.
Ich habe es einfach so gemacht, wie es sich für mein Herz am besten angefühlt hat. Erst später habe ich mitbekommen, dass es ganze Bücher dazu gibt, wie ich versuche mit meinem Kind zu kommunizieren. Aus meiner heutigen Sicht war es der einzig sinnvolle Schritt.
Wir bekamen Einblicke in völlig neue Lernstrukturen und Ideale
So sind wir zum Beispiel unglaublich dankbar für all die anderen Reisefamilien, die wir schon kennengelernt haben. Reisefamilien mit schulpflichtigen Kindern, die Freilerner sind.
Wir haben uns schon in Ingolstadt für die Gründung einer freien demokratischen Schule eingesetzt. Uns war schon vorher bewusst, dass das herkömmliche Schulsystem nicht das richtige für uns sein wird. Der direkte Austausch mit so vielen Reisefamilien hat uns so sehrbereichert. Er führte dazu, dass wir uns eine Rückkehr in ein „ normales Leben“ schon jetzt nicht mehr vorstellen können.
Ob wir denselben Weg einschlagen und ebenfalls Freilerner werden, können wir heute noch nicht sagen, aber wir sind dankbar, schon jetzt die verschiedenen Optionen zu kennen. Ich liebe den Drang unseres Sohnes, Sachen zu lernen, Dinge bis ins Detail verstehen zu wollen. Und ich liebe es, die Zeit zu haben, auf all seine Bedürfnisse einzugehen, ihm alles zu zeigen und zwar dann, wenn er sich dafür interessiert und nicht dann, wann es im Lehrplan vorgesehen ist.
Wir sind mit vielen Reisefamilien vernetzt
Inzwischen ist der Kontakt und die Vernetzung mit anderen Reisefamilien für mich einer der Hauptgründe, die Reise fortzusetzen. Es ist wie ein Netzwerk von Gleichgesinnten, jedes Gespräch ist eine Bereicherung. Alle Familien sind an irgendeinem Punkt an die Grenzen des Systems gestoßen und auf der Suche nach einer Alternative. Seit wir auf Reisen sind, habe ich nicht mehr das Gefühl, dass wir anders sind. Ich habe das Gefühl, dass wir so sein dürfen, wie wir sind.
Für meinen Sohn und mich ist die Reise noch nicht zu Ende
Anfang 2021 haben mein Mann und ich entschieden, dass es für alle entspannter ist, wenn sich unsere Wege trennen. Für uns alle eine neue Situation, in der wir uns gerade neu sortieren und sehen, wie es weiter geht.
Unsere zukünftigen Reisen könnt ihr auf meinem Instagram Profil verfolgen. Den Link findet ihr in der Autorenbox.
Bis bald, eure Ina
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